Archiv der Kategorie: Kulinarium

Die Siebengrammkaffeekeule

Das verflixte siebte Jahr ist in vieler Leute Mund. Bei mir sind es nicht Jahre, aber Gramm. Diese haben jedoch nichts mit Gewicht und dessen Zunahme zu tun.

Im Gegenteil: Ich baue meine Kaffeereserven ab. Das in sieben Gramm Portionen. Die Zahl geben mir die Kaffeemaschinenbenützungsvorschriften vor. Wenn ich mich nicht an die Vorgabe halte, blockiert das vollelektronische System das Kaffeewasserdurchdrückgerät und ich stehe dann vor der leeren Kaffeetasse wie die sieben Zwerge vor ihrem Schneewittchen: hilflos.

Ich kann dann nicht einmal mehr kalten Kaffee produzieren, also jenen von Gestern, den ich früher mit meiner alten Maschine herstellte. Denn die ist weg. Kaputt. Und die neue klemmt wegen der Siebengrammgewichtsvorgabe.

Nach dem würdigen Abgang der ausrangierten Maschine habe ich mich in die moderne Produktion von Kaffeeinhalten für Tassen eingelassen und mich auf diese Weise der Zahl sieben hingegeben – ohne dass ich davon etwas wusste. Die Technik hat ihre Macken und Fallstricke.

Die ausgeklügelten, modernen Kaffeemaschinen funktionieren nur, wenn sie mit siebengramm Portionen gefüttert werden. Mehr taugen sie nicht. Mehr verdauen sie nicht.

Befindet sich weniger als die angegebene Menge in der Siebengrammpfanne, hungert die Maschine. Sie bringt dann die Kraft nicht auf, mit ihren zahlreichen Bars – das ist eine Einheit, mit welcher der Druck in Geräten und Schläuchen gemessen wird -eine anständige Tasse Kaffee zuzubereiten.

Zuweilen möchte man als zeitgenössischer, tapferer Kaffeekonsument wirklich Sieben auf einen Streich schlagen, um seinem Ärger Luft zu machen und der Maschine Meister zu werden.

Wenn man sich an die sieben Todsünden hält, dann entrichtet der Kaffee, was er verspricht.

Ei, ja. Die Menschheit wird die magische Zahl sieben einfach nicht los. Die Ziffer hat ihre Zauberarme mit der Geschwindigkeit von Siebenmeilenstiefeln sogar um die Technik gelegt und diese kurz und bündig sieben Mal vereinnahmt.

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Der Covid-Salat und seine Tücken

Der erste Baustein des Covid-Salats heisst Blut. Es muss sorgfältig hergestellt werden. Rote und gelbe Blutkörperchen perlen in ihm. Das Blut gibt dem Salat das Leben, den Geruch, sein schmackhaftes Aussehen, seine interessante Zusammensetzung. Das Ziel bei der Herstellung muss sein, dass das Plasma in der Salatschüssel schliesslich so aussieht, als würde es durch ein Mikroskop angeschaut.

Das Plasma des Covid-Salats @ Georges Scherrer

Mit wenig Respekt für das präsentierte Bild könnte von einem Tomatensalat gesprochen werden. Die Pandemie verschafft diesem jedoch einen Mehrwert, sie adelt ihn.

Doch erst der Blumenkohl und der Broccoli, in nicht zu grosser Menge in das Blut gesteckt, krönen mit ihrem Blütenkranz den Saft, der normalerweise durch den Körper fliesst. In der Salatschale legen die beiden Gemüse dem Salat die Corona-Krone auf. Ja, genau jene, mit der das Virus in das Immunsystem eindringt und wo er mit seinen Stacheln oder Krönchen in den Zellwänden seine Widerhaken setzt.

Der Corona-Salat wäre kein solcher, wenn er nicht mir der Gefährlichkeit des Covid-Virus ausgestattet wäre, die ihm den besonderen Biss verschafft!

Der Covid-Salat und seine Krönchen @ Georges Scherrer

In grosser Heimtücke verbergen sich nämlich im Blut Kirschen. Das hat seinen Grund. Erstens bringen sie mit ihrer Farbe den frischen Biss des Frühlings in den Salat. Das weckt Vertrauen und vergrössert das Zutrauen.

Zweiten machen sie deutlich, wofür das Covid-Virus steht. Wer diesen in seiner Gefährlichkeit gering macht und ihn unterschlägt, der kann durch die Krankheit hart getroffen werden. Diesen Part übernimmt im Covid-Salat der Stein der Kirsche. Wer sich einen solchen in die Zähne schlägt, hat verstanden, dass Unachtsamkeit Folgen zeitigen kann.

Ein echter Covid-Salat isst sich nicht ohne Gefahr.

Der gefährliche Kern des Covid-Salats @ Georges Scherrer

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Herbstabschied oder die Maske und die Nuss

Sind Mund und Nase abgedeckt, erhalten die Augen eine ganz andere Bedeutung. Diese unterscheidet sich ganz deutlich vom dunklen Dreiklang: Augen zu, Ohren zu, Mund zu. Ich will nichts hören, nichts sehen, nichts sagen.

Die Schutzmaske, die dieses Jahr landauf, landab über Mund und Nase getragen wird, verbirgt die Mimik, welche das Gesicht als weiteres Kommunikationsmittel neben Augen, Mund und Gestik einsetzt.

Ja, sicher, das geht ins Auge, wenn man jemandem nicht auf den Mund sieht. Weil eine Maske davor hängt. Und besonders dann, wenn der Blick über die Maske wieder hinauf steigt und dort ins Auge fällt.

Die Blicke verharren kurz ineinander, ganz so, als wollten sie klären, was sich auf und um die Lippen abspielt, die unsichtbar bleiben. Worte ersetzen nicht den Ausdruck des Mundes.

Genauso verhält es sich mit den Nüssen, wenn ihre Präsenz auf dem Speiseteller das Gemüse maskiert. Sie lenken den Blick des Essers auf ganz natürliche Weise ab und hinauf zu den Fettaugen auf dem Fischfleisch und entlarven das Menü: Bei der Platte handelt es sich nicht um eine vegane.

Eine Schutzmaske ist heute nicht nur mehr eine Maske, sondern eine Larve, wie man sie zumeist an Karneval trägt. Die Weiterentwicklung der Masken hat dazu geführt, dass auch die Baumnüsse sich zu Masken entwickelt haben, wenn sie das Gemüse auf einem Teller schmücken.

Die Maske ist in der aktuellen Lage der Pandemie überall. Die Masken greifen um sich. Decken ab, was sie müssen, was sie wollen. Eine Spezie dieser Verhüllnatur hat sich sogar auf den Teller niedergelassen, der vor mir liegt.

Da liegen drei Nüsse auf dem Gemüse und formen als Ganzes eine Maske. Mir gefällt das wunderbar. Die Maske scheucht die Winterdepression weg. Nicht droben in den Bergen, aber drunten im Tal drückt die Kälte, Feuchte, Dunkelheit stark auf das Gemüt.

Die Nüsse markieren, nein maskieren aufs Beste ein Sommergericht, dass kurz vor dem—Einbruch des Winters serviert wird.

Darum! Ein Hoch auf das drei Mal gewetzte Messer und die vierfach angespitzte Gabel, die in adäquater Zusammenarbeit die Speise für den Gaumen vorbereiten und diesem zuführen, und auch auf die Nussmaskerade, die in Winterszeit den Sommer herbeizaubert.

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Die Kaninchenkeule

Rabiat können diese Viecher sein. Das ist unbestritten. In englischer Sprache heissen sie schon fast rabiat: Rabbits! Diese Tierchen!

Und heimtückisch können sie auch sein. Da macht ihnen kein Fuchs nichts nach! Mir widerfuhr solches. Ich wurde ihr Opfer. Und das ist kein Küchenlatein, sondern gelebte Erfahrung. Sie haben mich ganz schön in die Pfanne gehauen. Doch alles der Reihe nach.

Aufgetischt war die gusseiserne Pfanne, jene von der Oma, ein ganz altes Stück, das seit Jahrzehnten seinen Dienst leistet. Weil der Braten in ihr immer gut gerät: gegart, gekocht, gut gezogen.

In dem Fall nichts von einem Braten! Weil vegan. Für einmal. Soll gesund sein. Und das Gemüse in einer Pfanne abgekocht, die auch schon manchen Braten zur Vollendung brachte! Ist ein Risiko.

Das Gemüse dürfte einen Rest von Fleischgeschmack aus der Pfanne gezogen haben können.

Doch kam es viel schlimmer. Die Pfanne ist auf den Tisch gestellt. Tomaten, Bohnen, Kartoffeln. Das leckere Mahl. Ohne Fleischbouillon gekocht. Eine Wohltat für jedes Bio-Vegi-Auge. Auch meines. Geht tief in die Pfanne hinein. Die Nüstern nehmen den Duft des gedämpften Grün- und Rotzeugs auf. Versinken in einer Duftwolke urwüchsiger Natur. Kartoffel schimmert durch.

Doch da der Schock! Das zweite Bild stimmt nicht mehr mit dem ersten überein. Eine Welt zerfällt. Das Gemüse in sich zusammen. Die Fauna hat zugeschlagen.

Das freche Hasenstück hat sich frech versteckt. Guckte in der Pfanne nicht unter dem Kraut hervor. Sondern erst als es im Teller lag, streckte es sein Rückenstück mir keck entgegen.

Nun, die Lehre daraus. Das nächste Mal wird es besser gelingen, ein verganes Mahl auf den Tisch zu bringen.

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Apfel-Rodeo im Büro

Nein, kein Rodeo! Wer reitet schon einen saftigen Apfel – und will sich dabei das Genick brechen?

Sondern direkt eine Corrida! Und das an erhabener Stelle: am Arbeitsplatz, in Spanien ruedo genannt. Hierzulande heisst das Kampfrund ganz einfach Bürotisch. Keine Angst! Auf der Tischplatte wird kein Blutbad angerichtet und auch kein Apfelgepflatsche, kein Apfeladerlass und keine Zerquetschung von Äpfeln.

Das Kampffeld bleibt sauber. Der Apfel weiss sich zu wehren, wie der echte Stier. Der Apfel ist kein falscher Ochs.

Weiss leuchtet die reich verzierte capote, das Kampftuch, das den Apfel herausfordert, die Serviette, die den Schweiss des Apfels aufsaugt, wenn er tropft. Denn der Apfel blutet nicht wie der Stier rot, wie die scharfen Spitzen der Zähne kräftig in das schreiende Fruchtfleisch schlagen, sondern saftet lecker hell.

Der Kampfplatz, die Tischplatte des Büropults nachmittags um drei, ist die rühmliche Arena für den täglichen Kampf gegen den Apfel, der verzehrt werden soll. Keine Scheu vor der Natur! Bitte! Der Apfel darf nicht mit Samthandschuhen angegangen werden.

Er will geschlachtet werden. Sonst passt er nicht ins Maul.

Und vegan-freundlich ist diese Sportart absolut – auch wenn zum Abschluss der Auseinandersetzung eine Leich auf dem Pult liegt: das Bütschgi. Was auf gut Deutsch ideenlos „Apfelrest“ heisst. Die Leiche kennt noch ganz andere Namen: Gröibschi, Gigetschi, Güürbsi, Ghüüs.

Das leckere Ding „Apfel“, ist ihm einmal Hülle und Fleisch abhand gekommen, verdient eine besondere Würdigung. Sein Tod auf dem Arbeitspult hat mehr verdient als ein Abfuhr in ein abgeschmacktes, stinkendes Wörterzusammengefüge. Der Apfelgriebs gehört nicht in den Abfalleimer, aber in den Apfeleimer. Olé! Heisst die Devise der Veganer.

 

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La salade sans sa sauce

Der Winter spricht eigentlich auf die Farbe Weiss an. In diesem Jahr gibt er sich vor allem grau. Darum sei euch dieses Gruppenbild auf Herdplatte serviert: “ ’salade sans sa sauce‘ en cinq entités „.

G. Scherrer

Gourmets erkennen, warum der Salat genau diesen Namen erhalten hat.

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Ich glaube nicht an Fakenews

Wer der Internet-Glaubensgemeinde weismachen will, dass es sich bei dem abgebildeten Objekt um ein gut durchgebratenes Huhn mit knuspriger Kruste handelt, der handelt ganz im Sinn von Instagram. Die prallen Schenkel des gerösteten Vogels sind vom Feuer schön braunrot gefärbt.

© Georges Scherrer

Der Hals schaut, wie es sich für ein brutzelndes Huhn gehört, keck und ohne Kopf fidel in die Höh‘. Das Huhn – oder ist es ein Hähnchen? – harrt zuversichtlich der Dinge, die in Form von Messer und Gabel auf es zukommen werden. Die hier abgebildete Hülle des kulinarisch sorgfältig zubereiteten Federviehs macht jedoch nicht sichtbar, ob der Leckerbissen tatsächlich auch über Knochen verfügt, die nach dem Verzehr des Fleisches zu einer kräftigen Hühnerbouillon verkocht werden können.

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Die flotte Bohnengaleere mit Beiboot

Ende Winter ist dieser Typ von Boot relativ leicht zu beobachten: Ein typische, gut gefüllte Bohnengaleere mit Beiboot. Sie ist startklar für ihre Fahrt in den Frühling und wird gleich zu den Magensäften in See stechen.

Ihre besonderen Merkmale: Leuchtende und frische Farben, die Vorboten des Frühlings, laden zum Einsteigen auf das Gefährt ein. Die Reise gelingt am besten, wenn sich die Passagiere vorsichtshalber mit Gabel und Messer ausrüsten, um allfällige Seeräuber abzuwehren, welche das Schiff kapern wollen.

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Garantiert ungiftig

Dieses Pilzgericht basiert auf Kartoffel und Geschnetzeltem an einer pilzfreien Sauce und kann darum ohne Fliegenpilzfeeling genossen werden.

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Ab in den Kübel

Manchmal wirken Gerichte, als hätten diese direkt von der Gasse in die Gosse gefunden und würden erst danach als Speise auf den Tisch gesetzt. Beim vorliegenden Fall entsteht jedenfalls dieser Eindruck. Wenn ich all das Gewürm seh, das auf dieser Speiseplatte frisch und fröhlich herum kriecht, dann kann ich nur noch das Gesicht verziehen. Ich verstehe, warum viele Leute ihre Finger von von Fisch und Fleisch lassen und kulinarisch zölibatär leben.

Ehrlich gesagt! All dieses Getier, das glitzernd, grün oder gelb daher kommt und sich unordentlich in den Tellern platziert, als seien diese nichts anderes als Kehrrichteimer, in welche man einkehrt, nachdem man die Nacht durchgezecht hat, erweckt wenig Appetit und fördert die Hungerstillung nicht. So ungefähr kommt mir diese Komposition vor.

Man weiss gar nicht, ob das nun Fleisch, Fisch oder Vogel ist. All dieses Gezücht! Es ist nicht ersehbar, ob sich da Engerlinge und Fischeier in die Masse hinein gestohlen haben oder ganz einfach nur die vulgäre Made in den Haufen gekrochen ist.

Das Ganze wirkt so, als seien die vorgesehenen Speisen unkontrolliert in die Anrichte geraten und danach mit spitzen Fingern, Messer und Gabel vorsichtig über die verschiedenen Teller und Platten verteilt worden.

Als hätte der Miesefisch beim Einkauf zugebissen, sodass er von den Fingerbeeren nicht mehr abgeschüttelt werden konnte und so auf den Teller fand.

Aber, Hand aufs Herz, so schlimm wirkt dieses Gericht nicht, wenn man es im richtigen Licht betrachtet:

 

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