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„Erst trinken wir leer, was wir erhalten. Jetzt ist nicht der Moment, um etwas zu überstürzten. Im Schlussspiel kann man leicht einen falschen Zug ziehen, der nicht mehr korrigiert werden kann. Der Fehler kommt besonders dann, wenn man vom Gefühl beherrscht wird, man werde gewinnen und nichts kann mehr schief gehen. Ein Gefühl ist nie eine Überzeugung. Es ist eine Täuschung. Das ist etwas, was in der Ordnung keinen Platz hat. Sie ist kein Spiel. Ordnung ist unbeweglich wie ein festgefahrenes Spiel. Ida, in so einem Fall hilft in einem Spiel, im Schachspiel, nur noch ein Opfer. Dieses sprengt die Ordnung und macht es möglich, dass erfolgreich weitergespielt werden kann. Meine Figur ist zu Boden gefallen. Sie hat sich geopfert, damit ich zur Polizei gehen kann. Ein Zettel würde nie so etwas für dich tun. Wenn sie bei dir zu Boden fallen, dann nur darum, weil du so viele von ihnen hast. Auf den einen Zettel kommt es bei dir nicht an. Das ist es, was du nicht verstehst. Du sitzest in deiner Ordnung fest, vor deinen Zetteln, nichts bewegt sich, du musst nicht zur Polizei. Das ist auch der Grund dafür, dass du der Ansicht bist, ich sei nicht von der Polizei aufgeboten worden. Du bist in deiner Ordnung fest eingebettet, vor den Stürmen, die den Menschen heimsuchen können, gut bewahrt. Du bist quasi eingebettete Ordnung.“
„Ach, lass das mit den Anspielungen, lass das mit der Ordnung. Stoss an. Ida hat serviert. Lass es dir gut gehen und nachher, geh nach Hause und such die verlorene Figur. Die Welt wird wieder in Ordnung sein, sobald das Figurenteam komplett ist. Trink auf die Welt, und lass es dir gut gehen und denk, es sei alles in Butter.“
„Dadurch werden deine Zettelberge nicht kleiner. Bei dir hat man das Gefühl, wenn man dir zusieht, die Papierberge werden mit jedem Zettel, den du einordnest, grösser. Du wirst bald mit dem Abbau deiner Ordnung beginnen müssen.“
„So weit wird es noch kommen: Selektion! Und wohin dann mit den selektierten Zetteln? Neue Berge werden entstehen, die es zu selektieren gilt. Du siehst, die Arbeit kann mir nicht ausgehen. Mit jedem Zettel, der hinzu kommt, wächst die Herausforderung. Ich wünsche nur, dass ich von der Verantwortung nicht erdrückt werde, die gemeinsam mit der Herausforderung wächst.“
„Du wirst Stützen um dich herum aufstellen müssen, die verhindern, dass die Papierberge zusammenstürzen und dich unter sich begraben.“
„Ein Grund mehr, dass ich mich anstrenge! Der Zettelberg darf nicht zusammenbrechen, sodass die Sammlung auseinanderfällt. Das beste Mittel für einen festen Halt ist: akribisch Ordnung halten und sich nicht beirren lassen. Nur wenn die Ordnung hält, ist der Selbsterhalt gewährt.“
„Und auch wenn wir uns gegenseitig nicht auf den Nerv gehen, indem wir uns unsere Stärken vorhalten. Ich lass dir deine Zettel und du mir mein Schach. So verstehen wir uns ausserhalb jeder Ordnung. Das macht Freundschaft aus. Darauf stosse ich mit dir an.“
„Ja, auf Ordnung und Schach, das gefällt mir. Aber, sag mal, warum musst du eigentlich zur Polizei?“
„Welm.“
„Alles klar. Das ist etwas Seriöses. Du musst dich beeilen. Was ist mit ihm?“
„Wenn ich das wüsste.“
„Du musst hin, und zwar sofort. Und sei es auch nur, um zu wissen, was mit ihm ist. Komm dann so schnell wie möglich zurück und erzählt mir, was gewesen ist. Dass er bei der Polizei ist, ist ja nichts Aussergewöhnliches. Aber dennoch: Beeil dich. Es könnte ihm etwas geschehen. Machst du dir Sorgen um ihn?“
„Doch, doch und doch nicht. Er wird selber schuld sein, dass er dort ist, und es auch verdient haben. Ich habe aber wirklich keine Ahnung, was los ist. Es hat einfach geheissen, ich solle so schnell wie möglich dort sein.“
„Mit Welm? Was ist mit ihm? Ist etwas mit ihm?“
„Ja, Ida, Kabar muss wegen ihm zur Polizei. Es ist etwas geschehen. Nur, Kabar weiss nicht, was ist. So einer ist Kabar: Er erhält von der Polizei einen Anruf, sein Freund sei auf dem Posten, und wo ist Kabar: Hier statt auf dem Posten.“
„So arg wird es mit Welm nicht stehen. Es ist nicht das erste Mal, dass er zurückgehalten wird. Irgendeinen Grund wird es schon geben, dass er auf dem Posten ist. Immerhin muss ich mich nicht in eine Notfallstation begeben. Und wenn er tot ist und die Polizei mir lediglich mitteilen will, dass er das eben ist, dann brauche und bräuchte ich mich auch nicht zu sputen. Alles hat seine Zeit. Wenn Welm zurückgehalten wird, dann wird er daran nicht ganz unschuldig sein.“
„So einen verhaftet man nicht. Auch wenn er was Schlimmes getan hat. Weist du wirklich nicht, was er getan hat?“
„Ein Gast hat vorher erzählt, dass an einer Kreuzung etwas ganz Verrücktes geschehen ist, mit einem Auto. Jetzt ist er weg. Wir hätten ihn fragen können, ob er mehr weiss.“
„Du weisst etwas Ida? Du weisst mehr als Kabar. Was ist genau geschehen?“
„Der Gast hat nur den Kopf geschüttelt und gemeint: Der spinnt völlig. Ich weiss aber nicht, wen er mit der gemeint hat. Reif für die Klapsmühle, hat er noch gesagt.“
„Das ist Welm! Nicht wahr, Kabar?“
„Es kann Welm gewesen sein. Wer versteht ihn?“
„Du, darum wurdest du von der Polizei aufgeboten.“
„Bring ihn das nächste Mal mit, wenn du kommst. Bei uns hat er Platz. Ohne Problem.“
„Das ist eine Idee. Ich werde da sein, wenn ihr beide kommt. Lass es mich wissen.“
„Welm. Ja Welm. Wegen ihm braucht man sich kein Haar auszureissen. Es ist nicht das erste Mal. Das letzte Mal wird es auch nicht gewesen sein.“
„Welm ist die ewige Wiederkehr. Da hast du recht. Es ist ja wahr. Es ist nicht das erste Mal, dass er auf einem Posten stecken bleibt. Ein Verbrecher ist er nicht. Auch wenn er bei der Polizei wohlbekannt ist.“
„Er hat so etwas Eigenes an sich, das ihn immer wieder in die gleiche Lage bringt.“
„Schiefe Lage, das würde ich meinen. Eine Lage, in der es weder vorwärts noch rückwärts geht, wie ein Glas Wasser, das man angesetzt hat, angesetzt, sage ich, und das Wasser nicht weiss, ob es in den Mund fliessen soll oder in Glas bleiben muss. Lass uns unsere Gläser auf Welm austrinken. Er kann es brauchen.“
„Dieser Ansicht bin ich eher nicht.“
„Hast du etwas gegen Welm?“

Fortsetzung

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