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Meine Aufgabe besteht darin, Ordnung in all das zu bringen, was an diesem Abend Neues gesagt wird und auch in dieses Protokoll. Ich lasse aber wie auf verlorenem Posten zu, dass sich fremde Stimmen in unsere Konversation einmischen. Und ich vermag dagegen nicht anzuschreiben. Es könnte nach draussen so aussehen, als habe ich nicht alles in der Hand – unter Kontrolle, wie man so sagt.
Mir scheint, als habe hier das schwarze Schach bitterbös seine Macht aufmarschieren lassen. Was ist das, dieses schwarze Schach! Die Antwort lautet: wie der Poker das schwarze Schaf unter den Spielen. Also nicht der Tod, wie fälschlicherweise aufgrund der Konnotation mit der Farbe Schwarz angenommen werden könnte. Es handelt sich vielmehr um eine unsichtbare Hand, die im Spiel mitmischt und die schwarzen Figuren führt, ohne dass der Gegenspieler diese Hand im Dunkeln sieht. Das schwarze Schach spielt in der Nacht. Nur die weissen Steine schimmern schwach im klaren Licht des Mondes und kämpfen gegen Figuren, von denen der Spieler nur weiss, dass es sie gibt, aber nicht sieht, erkennt, wo sie stehen. Er nimmt jedoch mit der Routinemässigkeit eines Spielers wahr, dass ihm gegenüber was ist. Was, das weiss er nicht. Er hört lediglich, dass ein Gegner spielt und unsichtbar die Figuren hierhin, dorthin setzt.
Das Schwarze Schach © 2016 Georges Scherrer
Das Schwarze Schach. Das ist der Druck der Diktatur. Der weisse Spieler legt seine Position offen. Das bin ich. Der Gegner agiert aus dem Dunkeln. Im Dunkeln, so dass ich nicht sehe, was und wie er sich bewegt, schiesst. Die schwarzen Figuren werfen keinen Schatten, keinen Schimmer, sind ohne Glanz.
Zwei Sorten von Diktatoren gibt es zumindest. Jenen, der mit eiserner Hand Ordnung wieder in ein desolates System bringt. Und jenen, der mit eiserner Hand einem bestehenden System seine Ordnung aufzwingt, so dass er aus diesem viel eigenen Profit ziehen kann. Das Dumme an der Sache ist: Die beiden Formen von Diktatur können nicht voneinander unterschieden werden.
sch-ach.ch 