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Ja, das war an jenem Abend. Heute hat sich der etwas umständliche Name des Lokals im Volksmund immer noch nicht durchgesetzt; obwohl – oder vielleicht sogar weil sich die „Frucht“ wacker im Namen hält und zudem standhaft weigert, vom Wirtshausschild über dem Eingang zu verschwinden. Heutzutage geht der Zungenbrecher „Wasser, Wein und Frucht“ nur wenigen locker über die Lippen.

Wenn ich morgen jemanden auf der Strasse nach der „Marone“ frage, dann wird er mir mit einem süffisanten Lächeln den Weg zu eben jenem Lokal weisen, wo die Marone ihre Unschuld verlor; diese Knolle, die dem Etablissement seinen komplizierten Namen bislang nicht zu entwenden vermochte. Aus irgendeinem Grund hat sich der „Wind“ in die Bezeichnung eingeschlichen. Das kann mit der lautmalerischen Verbindung zum Wasser und zum Wein zu tun haben. Möglicherweise hat der Wind Auftrieb vor der Frucht erhalten, weil über das und im Lokal so viel geredet wird. Gemäss dem Bonmot: Das ganze Gerede nur Wind. Wein und Wind gehen auch leichter über die Lippen als dieses „Wasser, Wein und Frucht“.

Wenn sich Leute von auswärts nach dem Weg zum berühmten Lokal und seinem Wind erkundigen, dann lautet die Replik mehrheitlich: Ja, es gebe so etwas wie mit dem Wind. Das mit dem „Wind“ befinde sich dort, dort und dort. Die losen verbalen Anweisungen der Wegbeschreibung werden mit ebenso ungenauen Handzeichen unterstützt. Die Frage nach der „Frucht“ hingegen führt jeweils zu einer gewundenen Entgegnung, die weder ein Dort noch irgendwelche erklärende Handzeichen enthält. Die Antwort lautet dann etwa ausweichend, Früchte gebe es im Kommerz zu kaufen. Des Auswärtigen Hinweis, es handle sich aber um ein Esslokal, trägt nichts zur Klärung bei. Ja, solche gebe es in der Stadt und die servieren auch Früchte. Dann folgt ein eiliges Wegtreten.

Die Tafelrunde des heutigen Abends blickt noch nicht so weit. Nur die nächste Zukunft, jene, die keine Stunde entfernt liegt, interessiert. Den Blick in den „Wind“ tat die Chronistin, ich, die im Rückblick auf den unvergesslichen Abend im „Wasser, Wein und Frucht“ einen Ausblick in die entferntere Zukunft gewährte, nämlicher jener, in deren Zeitpunkt ich mein Protokoll aufstelle.

Man wird mir sagen und vorwerfen: Ein überflüssiger Einschub in mein Schreiben. Das persönliche Urteil einer überheblichen Schriftführerin, die sich nicht voll auf ihre Arbeit konzentriert und Zeit verliert mit Überlegungen, die nichts, aber auch rein gar nichts mit dem damaligen Geschehen zu tun haben? Solches wird ein Thema werden, sobald ich mein Protokoll abliefere. Bis dahin dauert es noch. Der Abgabetermin liegt in ferner Zukunft, weit entfernt von dem Zeitpunkt, an welchem ich jetzt schreibe; einem Termin, der im Zeitrahmen in noch grösserer Distanz zu jenem aussergewöhnlichen Abend liegt als das Jetzt. Jenem einzigartigen Abend, an welchem, auf dem Tisch die prickelnden Becher, die illustre Schar im „Wind“, wie damals im Volksmund das „Wasser, Wein und Frucht“ noch nicht hiess, der Marone harrte, die bald kommen sollte.

Fortsetzung

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