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Der Engländer wirkte suspekt. Niemand wollte mit ihm die Kräfte messen. Man drückte sich vor einer Zusage. Wäre dieser, nachdem er einen Gegenspieler gefunden hätte, in das Feld getreten, um die Figuren für ein Spiel aufzustellen, wäre dieses Spiel auch wirklich in Gang gekommen, dann hätte sich die ganze kommentierende Fangemeinschaft vorerst mit ihrer Kritik zurück gehalten. Denn des Engländers Spielweise war unbekannt.

Die persönlichen, vielleicht sogar eigensinnigen Töne, die er dem Spiel verliehen hätte, waren auf dem Platz möglicherweise noch nie gehört worden. In die Melodien, welche er über das Spielfeld legte, blind hinein zu zirpen, konnte sich für den, der seinen Gesang zu früh anstimmte, verheerend auswirken. Leicht konnte er selber zum Misston werden und sich dadurch genötigt sehen, selber in Stille abzutreten, und zwar jener Stille, die er vorzeitig durchbrach. Sich selber hätte er, jener, der die eigentliche Hauptregel der Zuschauer, sich nicht ins Spiel zu mischen, eigenmächtig durchbrach, in eine nicht beneidenswerte Situation gesungen. Auf dem öffentlichen Spielfeld gibt es keine Solisten. Hier herrscht der Chor. Jener, der zu früh für sich selber singt und so den Reigen der Einzelstimmen eröffnet, wird von diesen bald nieder gesungen.

Auf dem öffentlichen Spielfeld gilt es vor allem, das eigene Gesicht zu wahren. Ob man in Krawatte oder Sandsäcken daher kommt, spielt dabei fürwahr keine Rolle. Schach ist ein entlarvendes Spiel. Man muss tief in dieses hinein blicken, bevor man sich erdreistet, einen Kommentar abzugeben. Das wussten auf dem Platz alle nur all zu gut. Die Blicke aller gingen nach allen Seiten. Nur zwei verfingen sich ineinander. Nicht auf dem Feld. Aber unweit davon, so dass sie das Feld gut sahen. „Wenn ich in deine Augen schaue, dann sehe sich das Schachbrett hinter mir.“

„Was hat mich jetzt das Schach zu interessieren! Ich sehe dich.“

„Wenn du die Augen zwischen mir und das Schachbrett stellst, dann wirst du es nicht mehr sehen.“

„Das Schachspiel ist interessant. Sollten wir nicht mehr darüber reden, was wir sehen?“

„Ich weiss nicht, ob es eine gute Idee war, so dass wir uns ausgerechnet neben ein Schachbrett gesetzt haben“, sagte die männliche Stimme. „Es lenkt stark ab.“

„Die Regel!“, kam es halb spöttisch von der Gegenseite.

„Wenn es im Schachspiel nur die Regel geben würde, dann wäre dieses Spiel nicht spielenswert.“

„So“, kam es etwas spitz zurück. „Du, der die Regel im Spiel über alles stellst.“

„Es könnte sein, dass ich von dir weg blicke, hin zum Spiel, nicht wegen der Spannung, die im Spiel liegt, sondern wegen der Figuren, die dort stehen.“

„Was gibt es so Verlockendes an ihnen, dass du zu ihnen schauen musst?“

„Ich rede nicht vom Pferd. Reiten kannst du gut. Du beherrschst dieses Spiel. Aber die Läufer im Spiel! Ihnen ist das falsche Geschlecht zugedacht.“

Fortsetzung

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