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Möglicherweise kann sich ein Passant mit einem verbalen Steilpass Raum verschaffen, so dass er bequem zwischen den plaudernden Zweien hindurch kommt. Freundlichkeit öffnet die Passage. Ungeduld bunkert sie zu. Die beiden Redenden standen immer noch in kurzer Distanz zueinander. Das Gespräch lief flott voran. Niemand wollte durch. Gründer Schnaptepürä sprach.

„Die Kunst des Kürzens ist eine sehr heikle Angelegenheit und muss absolut der Ordnung der Regeln folgen, sonst kürzt sich auf einmal zu viel weg. Falsch gekürzt zerstört zudem das ursprüngliche wie das neue Werk, das aus dem alten geboren wurde. Darum muss mit Fingerspitzengefühl und Takt gekürzt werden.“

„Taktil zu arbeiten ist sehr taktvoll von Ihnen.“

„Ich setze beim vollen Takt an und streiche diesen.“

„Aus einem bestehenden Stück?“

„Aus der Partitur. Auch die Musik ist eine Wissenschaft, die mit einer speziellen Sprache arbeitet. Diese wird in der Partitur festgehalten.“

„Ich weiss, was eine Partitur ist. Wie gehen Sie vor, damit Sie die Übersicht wahren können?“

„Streng rhythmisch. Ich streiche zum Beispiel jeden zwanzigsten Takt.“

„Und der Zweck davon?“

„Die Ökonomie des Stücks. Es erhält zudem eine neue Form.“

„Stimmt, eine neue Komposition, indem Sie die Reihefolge beibehalten.“

„So genau müssen Sie das nicht sehen. Ich bin flexibel. Ich passe mich der Zeit an, gehe mit ihr. Schliesslich muss man in dieser Welt überleben. Geld verdienen. Wer nicht anpassungsfähig ist, ist schnell weg vom Fenster und die Aufträge bleiben aus.“

„Sie erhalten Aufträge?“

„Heute muss man den wirtschaftlichen, den ökonomischen Notwendigkeiten folgen. Heute ist es notwendig, dass man sich kurz fasst. Fastfood, zwitschern, schnell ist schneller, schnell heisst schnell konsumiert.“

„Sie haben Ihr Kompositionssystem einfach der heutigen Zeit angepasst.“

„Meine Art zu komponieren entspricht den ökonomischen, gesellschaftlichen Anforderungen voll und ganz. Zuweilen wünschen meine Auftragsgeber, dass ich ein sechzig Minuten dauerndes Stück um eine Viertelstunde kürze. Nichts einfacher als das: Ich streiche jeden vierten Takt weg und schon ist das Werk vollendet.“

„Und so was lässt sich anhören, ohne dass es den Ohren weh tut?“

„Es kommt darauf an, wie ich gekürzt habe. Ich pflege noch eine weitere Variante des Komponierens. Für diese muss der Auftraggeber aber tiefer in die Tasche greifen, weil mein Aufwand grösser ist.“

„Und?“

„Es kann vorkommen, dass jemand wünscht, dass ein lautes Stück leise tönt. Ich streiche dann jeweils konsequent in den Takten, über welchen Fortissimo steht. Das funktioniert bestens auch umgekehrt. Es gibt Leute, die lieben in der Musik die Stille nicht. Ich streiche dann im Pianissimo und füge notfalls in einem Takt das Zeichen für eine Fortissimo ein, ein dreifaches F wenn nicht sogar ein vierfaches.“

„Mir scheint, als hätte ich am Radio schon solche Konstruktionen gehört.“

„Manche Leute haben es gern, wenn es dröhnt. Wenn es schrill die Melodien zerreisst.“

„Und das Ohr dabei? Das Ohr ist doch auch Gefühl. Was Sie da zusammenstellen, wird nicht jedem behagen.“

Fortsetzung

 

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