sch-ach-pa-Leid

pa Leid

 

Dem Menschen ist seine Haut, was der Gesellschaft die Mauern der Häuser. Beides schützt und gewährleistet einen reibungslosen Ablauf des Mechanismus, der Leben heisst. Ein ungeschütztes Herz blutet aus, in einem Topf ohne Ränder kocht keine Suppe. Bei einem ungeschützten Ofen eilt die Energie nach allen Seiten davon. In einem Backofen, der ohne Mauern ist, schmort kein Braten. Einem Körper, bei dem die Haut das Blut nicht in seinen Bahnen zurück hält, fliesst das Leben davon.

Innen, drinnen, draussen, aussen, das Schach kennt nur einen Innenraum und ein Draussen, von welchem aus die Spieler wie Götter in das Innere greifen. Demnach entspricht das Schach keinem königlichen Spiel, sondern einem göttlichen. Der Mensch spielt Gott, sofern die Karten ihm nicht sein Schicksal vorgeben. Der Tod würfelt nur einmal. Das Pik-Ass streift dieses Haus.

Wir haben hier eine Karte vor uns und den Wunsch nach einem Getränk, mit welchem wir auf das anstossen wollen, was noch kommt. Auch der beste Schachspieler weiss nicht, was auf dem Brett noch alles geschehen wird. Er kann Züge voraus berechnen, viele. Doch die Zigarette wird ihm immer einen voraus sein, und jeden Zug, den er nimmt, führt ihn näher an das Ende des Spieles heran.

Wer spricht von Ende?

Dort, drüben, draussen, jenseits der Weide, liegt das Krankenhaus. Eine Ausnüchterungszelle für jede Krankheit. Mir sind die Zigaretten ausgegangen. Zigarettensolidarität. Ich werde mir eine drüben bei jenem Mann ausborgen. Welcher Mensch gibt schon was von sich, das ihm am Liebsten ist, ausser der Raucher? Er verzichtet, indem er eine Zigarette aus ihrem Etui zieht und einem Fremden übergibt, auf etwas, dessen er aufs Notwendigste bedarf. Sogar den Rauch, den er in sich hinein zieht, teilt er mit den anderen, indem er diese an dem teilhaben lässt, was er genussvoll aus der Lunge über die leicht geöffneten Lippen wieder in seine nächste Umgebung abgibt. Welche Menschengattung, den Raucher ausgenommen, verhält sich derart selbstlos? Grossmütiges Handeln ist nun mal der Menschheit Sache nicht.

Du hast Zyankali in deinem Denken

Die Schachgemeinde eilt weiter. Sie gibt, indem sie am Brett sitzt, mit jedem Zug, den sie zieht, Gedanken preis. Jeder Zug offenbart einen Teil der Gedanken des Schachspielers. Sein Gegenüber dringt in dessen Denken ein und setzt sich dort als eine Klette fest, welche dessen eigenes Denken umrankt. Wer dann zuviel denkt, den brandmarkt der fremde Eindringling. Schach und Zigarette führen letztlich dort hinüber. Die Heilstätte, dort, jenseits der Weide, bleibt das Ziel, das uns zusammen bringt. Den Raucher und den Spieler. Wer sich für seine Leidenschaft verausgabt, schlägt unvermeidlich diesen Weg ein, auch wenn er ihn über tausend Kehren geht. Jede Kehre zögert lediglich die Ankunft in diesem fernen Haus dort hinaus. Diese Klinik klinkte schon manchen aus dem Leben, der dort Heilung suchte. Ich weiss nicht, ob meine Kraft noch reicht, um dort den letzten Zug zu nehmen. Die Fahrt ins Ungewisse, der Gedanke daran, bereitet mir Schmerzen. Darum versammeln wir uns hier.

Fortsetzung

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