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Auch der mächtige Internetzauberer Google bringt ohne zu zaudern Unordnung in die Zitate. Sein Algorithmus setzt als Zauberstab die Zitatenflut in eine Folge. Ihre Reihe steht aber nur rein äusserlich in einem Zusammenhang. In ihrem Innern halten sie lediglich einige gleich lautende Wörter zusammen. Im vorliegenden Fall: die Ordnung. Wo sind die Gedanken, welche die Zitate aneinander binden?
Des Zauberers Algorithmus spült aus dem Zitatenvorrat – mit oder ohne Absicht, das sei dahingestellt – für den beliebigen Bedarf das gewünschte Material hervor. Wer vermag die Masse, die Google erfasst, zu erfassen? Etliches ist bereits für immer in den Caches, moderner Ausdruck für Kerker, Verliess, Vergessen, aufgenommen worden. Darum ist es für jedes Zitat, das in diese Sammlung aufgenommen wird, nicht nur eine besondere Ehre, hier aufgeführt zu sein, sondern auch, in manchen Fällen, die Errettung vor dem ewigen Verschwinden, vor dem endgültigen Versaufen im weltnetzumspannenden Wissen der Menschheit.
Mancher Rettungsanker mag bei der Rettung mitgewirkt haben. Google verfügt über eine ganz eigenartige Qualität: Die Bedeutungslosigkeit kann zu einem anerkannten Gewicht in der Internautenwelt werden. Der Zauberfaden trägt einen eigenen Namen. Die Liebe schreibt sich mit fünf Buchstaben, der gesuchte Begriff mit vier: Link. Was gut verlinkt ist, gewinnt an geistigen Streicheleinheiten. Wer seine Aussage im Netz selber gut verlinkt, dem wird es an Zuneigung nicht fehlen. Das gilt auch für Zitate.
Eines fällt bei der Auflistung dieser Zitate auf: Das Gegenteil von Ordnung ist nicht Unordnung, sondern Zufall.
In der Unordnung liegt eine Ordnung, die jener nicht durchblickt, der die Unordnung nicht ordnen kann. Der Unordnung vermag jener nur Herr zu werden, der über der Ordnung steht und darum all ihre Schliche kennt.
Die Unordnung wehrt sich zuweilen erfolgreich gegen die Eingriffe der Ordnung. Die Unordnung kann mit der übergeordneten Kraft des Zufalls rechnen. Die Unordnung ist zuweilen schwierig zu fassen. Sie entgleitet wie ein Aal jedem Handgriff, der sich ihrer behändigen oder sogar bemächtigen will. Das zeichnet sich sogar im Zitatenschatz ab. Es gibt viel weniger zitierwürdige Sätze über die Unordnung als über die Ordnung. Kunststück: Jene, die in der Unordnung sind, sind schwerer zu finden als jene, die in der Ordnung sind. Die Unordnung macht zuweilen sogar dem Zufall das Leben schwer. Doch der Zufall soll in diesem Traktat nicht auch noch traktiert werden. Solches darf der Ordnung, der das Traktat gewidmet ist, nicht angetan werden. Die Ordnung geriete in Unordnung. Der Ordnung bleibe ihr Vorrang überlassen.
Zu einigen Erkenntnissen hat das endlose Aneinanderreihen von Zitaten geführt. Das Traktat erweist sich beim näheren Hinsehen nicht als überflüssig. Schach und Wissenschaft stehen in einer Ordnung zueinander – doch welcher? Welchem Spiel der Ordnung folgen sie?
Die Fleissarbeit muss zu einem Ende kommen. Zitate wurden genug angeführt und neu in Umlauf gebracht. Die vorliegende Sammlung soll nun mit einem Zitat abschliessend gekrönt werden, und zwar dem weltberühmten – und dann ist Schluss! „Max und Moritz, die zwei Knaben / Ach, wie liebten sie die Gaben / Zucht und Ordnung. Doch das Leben / Hiess das Paar im Regen stehen / Schlimmer noch: Trotz gutem Handeln / Liess der Zufall sie verschandeln / Und ein ganzes Dorf nun trauert / Weil ihr Tun nicht weiter dauert.“