ln Vertrauen
Die Ordnung hat weltweit zu einem ganzen Sammelsurium von unkontrollierbaren Gedankengängen geführt, als ob es keine Ordnung gäbe, die dieser Eruption an Geisteskraft Einhalt gebieten würde. Es ist, als würde Dauerregen befruchtend auf die Erde niedergehen. Nach dem Regen muss die Sonne folgen, sonst überschwemmt das Wasser die Erde und erstickt sie unter seinem Gewicht.
In keinem Gulasch ist so viel Fleisch gar gekocht, in keiner Minestrone findet sich eine solche Vielfalt an Gemüse, die sich mit dem Reichtum dieser Zitate messen kann! Zu viel Reichtum verdirbt das Gemüt. Auch eine alte Weisheit, die man sich zu Herzen nehmen muss, sonst geht man in den Zitaten unter.
Es kommt ein Augenblick, in dem diese Zitatenaneinanderreiherei, diese Zitatenzudienerei zu einer einfachen Reimerei wird und als endloses Tön-Geleis kraftlos zu versiegen beginnt. Zuviel Zitat führt unweigerlich zu Zitatenzauderei. Bei einem Zuviel lässt man auf einmal die Hände von dem, was man in sich hinein schöpft. Wenn man, wie eben geschehen, zahllose Zitate aneinander fügt, kommt mit einem Mal das Gefühl auf, man schreibe ein Buch ab, setze lediglich die Reihenfolge der Sätze in eine andere Ordnung. Das einzelne Zitat verliert an Kraft. Es ist nicht mehr als eigenständiger, herausragender Gedankengang durch Buchdeckel geschützt, sondern verglimmt in einer Sammlung von seinesgleichen, freigegeben, lediglich um zitiert zu werden. Ein Zitat, heraus gerissen aus seiner Umgebung und bloss gelegt, verkommt zum guten Satz. Die Zusammenhänge fallen weg.
Jedes Zitat verdient, dass seine Umgebung erlesen wird.
Ach, in all diesen Zeilen des Traktats schrieb sich so viel über Ordnung und Zitat ein, und kein Satz ist es würdig, selber ein Zitat zu werden.
Es gibt so viel Zitate. Am Schluss des vielen Zitierens bringt man sie auf einmal durcheinander, und schliesslich weiss man gar nicht, ob ein Zitat noch richtig zitiert wird, noch wem es überhaupt zuzuordnen ist und ob man es zuletzt nicht selber erdichtet hat.
Womöglich wurde falsch zitiert und niemand hat’s gemerkt.
Die Ordnung fährt dahin, und kein Zitat folgt ihr.
Die Zitate setzen sich zu einer losen Folge von Sätzen zusammen, die sich zum Teil widersprechen, zum Teil wiederholen. Das Zitat ist eine Wiederholung. Es entlarvt die Ordnung.
Die Kunst der Ordnung besteht darin, fein säuberlich geordnet den Zitatenschatz solcherart in eine Folge zu setzen, dass er in verfänglicher Ordnung unverfänglich erscheint.