ll Parlieren
„Wir haben wirklich viel Zeit gewonnen. Fast wie wenn wir die Autobahn benützt hätten und mit verbotenen Zweihundert an den Anderen vorbei gejagt wären. Wir können noch einen drauflegen. Dann kommen wir schneller am Ziel an. Aber das ganz klar nach alter Ordnung, aber mit geänderter Regel. Du lieferst die Sprüche. Ich gebe lediglich den Einsatz. Mein erster Vorschlag lautet: „Unbefriedigt.“ – Von Leo Nikolajewitsch Tolstoi: „Ästhetischer Genuss ist ein Genuss niederer Ordnung. Daher lässt uns höchster ästhetischer Genuss unbefriedigt.“ – „Schönheit.“ – Von Platon: „Das Gute schafft die Ordnung, das Schöne ist sie.“ – „Liebe.“ – Von Anja Stachowski: „Geliebtes Chaos, du bist schon in Ordnung.“ – „Sexistisch.“ – Von Jean-Jacques Rousseau: „Überdies ist es nach der Ordnung der Natur, dass die Frau dem Manne gehorche.“ – „Fundamentalistisch.“ – Aus dem Babylonischer Talmud: „Für immer soll dir die Linke untergeordnet und die Rechte die nächste sein.“ – „Ordnung.“ – Von Netty Neuthal: „Ordnung ist, wenn man jederzeit weiss, wo man gar nicht erst zu suchen braucht.“ – „Ermunterung.“ – Von Luc de Clapiers Vauvenargues: „Nur durch Mut kann man Ordnung in sein Leben bringen.“ – „Verzweiflung.“ – Von Alfred Grosser: „Unordnung heisst, wo nichts am rechten Platz ist; Ordnung heisst, wo am rechten Platz nichts ist.“ – „Buchstabiert.“ – Von Johann Christoph Friedrich von Schiller. „Hinter dem U kömmt gleich das Weh. Das ist die Ordnung im ABC.“ – „Brachial.“ – „Ein Erbeben stellt die Ordnung der Natur wieder her.“ – Schweigen. – „Von wem ist das?“ – Von mir. – „So war es nicht ausgemacht.“ – Was denn? – „Sich selber darf man nicht zitieren. Nicht in diesem Spiel. Das ist kein Spiel mehr. Du bist aus unserer Ordnung ausgebrochen.“
In dem, was wir gesagt haben, ist längst keine Ordnung mehr. Es ist ein Schlagabtausch, bei welchem sich zwei Spieler gegenüber sitzen. Der Stärkere gibt als Letzter auf.
„Die Zitate kamen mir vor, als hätten sie tatsächlich Räder an ihrem Gehäuse und als würden sie über eine Autobahn rasen, eines schneller als das andere. Wir haben das mit der Autobahn und den zweihundert Sachen darauf zu wörtlich genommen. Mit kam es zudem vor, als sei in diesem Spiel auf der Autobahn alles erlaubt, nein: in diesem Spiel auf der Datenautobahn. Von allen Seiten sind die Zitate auf die Bahn gedonnert. Einen derartigen Breitbandausstoss schafft nur der Computer. Mir kommt es vor, als würde jeder von uns, wir beide zusammen, so dass wir auf diese Weise doppelte Geschwindigkeit schaffen, vor einer Tastatur sitzen und den Computer traktieren, damit er so viel an Zitat wie nur möglich hinaus spuckt. Und in direkter Konkurrenz zum Computer stehst du. Du bist seine Herausforderung. Wie im Schach: Mensch gegen Computer. Wer gewinnt? Und ich gestehe neidlos ein: Der Output war grandios. So viel schafft kein Computer auf einmal. So etwas bringt nur das menschliche Hirn fertig, deines. Kein Bit kommt an deine Neuronen heran. Das muss ich dir lassen.“