lf Argument
Sei der Zitatenhumus mit deinem Satz angereichert!
„Sei der Zitatenhumus mit meinem Zitat angereichert. Manchmal wünsche ich mir wirklich, du würdest deutsch reden und nicht auf Stelzen gehen. Aber vermutlich muss es so sein, dass du so geschraubt daher kommst. Sonnst die Zitate in deinem Reden keinen Platz.“
Den Humus will ich mit weiteren Zitaten nähren. Solange dieser nicht gut genährt ist, gedeiht auf ihm nichts. Ordnung, ob als Unordnung oder geordnetem Chaos, ist in all ihren Varianten den Politikern ein beliebtes Steckenpferd. Der deutsche Politiker Herbert Wehner glaubt derart an die Macht der Ordnung, dass es sie gleich dreimal in sein Votum drückt: „Die politische Aufgabe der Bundesrepublik lautet nicht: Ordnung statt Reformen, sondern Ordnung durch Reformen, auf jeden Fall aber Ordnung.“ Nun, der anschliessende Satz hätte auch von der Kanzel eines Parlaments herab geäussert werden können: „Die demokratische Methode ist diejenige Ordnung der Institutionen zur Erreichung politischer Entscheidungen, bei welcher einzelne die Entscheidungsbefugnis vermittels eines Konkurrenzkampfes um die Stimmen des Volkes erwerben.“ Möglicherweise fiel diese Satz nicht ein einem Parlament, sondern aus einer Schrift heraus. Das deckt der Zitatenschatz nicht auf, aber er sagt, dass die Bemerkung vom österreichischen Politiker Joseph Alois Schumpeter stammt.
„Jetzt hör aber einmal auf? Wie lang darf denn ein Zitat überhaupt sein, damit es noch als Zitat gelten darf?“
Wie meinst du das?
„So was, wie du eben rausgelassen hast, kann sich kein Mensch merken. Ausgenommen ein Bücherwurm, der einen endlos langen Körper hat. Wenn eine meiner Oliven über jene Länge verfügen würde wie die eben genannten Zitate, dann würde diese, sobald ich sie in den Mund stecke, gleich wieder hinten heraus kommen, jedenfalls dann, wenn ich sie bei mir ganz eingeführt hätte. Und wenn dann noch der Inhalt hinzu kommt, dann ist der Kern der Olive auf einmal länger als sie selber. Wie soll man eine derartige Olive geniessen, der auf beiden Seiten der Knochen heraus steht?“
Du hast eine sehr bildhaft-makabre Ausdrucksweise.
„Kunststück, wenn sie abdriftet! Du hast mir recht Ungeniessbares auf deiner Platte serviert. Zum guten Glück stellen meine gesunden und frischen Oliven ein gewichtiges Gegenstück zu deiner Anrichte dar. Denn deine Zitate drücken als eine rechte Belastung auf den Verdauungstrakt, besonders dann, wenn sie endlos sind.“
Wie denn das? Sie beflügeln Geist und Gemüt. Das Leben wird leicht. Die Zitate helfen über manche dumme Unannehmlichkeit in unangenehmen Lebenslagen hinweg. Wer sich in die Enge getrieben sieht, zitiert. Ihre Länge ist da wenig von Belang.
„Eine Antwort ist auch keine Antwort. Och, das war sicher auch ein Zitat. Und wenn es keines war, dann ist es ein geflügeltes Wort. Ich bin aber trotzdem der Ansicht, dass alles, wie du sagst, seine Ordnung haben muss. Also auch die Länge der Zitate. Irgendwo muss das geregelt sein. Wenn es das nicht ist, dann ist das Unordnung, und du wirst, solange diese Frage nicht geregelt ist, nie Ordnung in deine Zitate bringen. Das ist bekanntlich nicht dein Ziel. Denn alles muss seine Ordnung haben, wie du immer wieder betonst.“
Ich will den Zitaten kein Lineal anlegen, mit welchem ihre Länge gemessen wird. Ich will den Zitaten kein Korsett überziehen, das sie abschnürt. Ordnung verträgt Freiheit. „Ordnung und Ordnung allein führt endgültig zur Freiheit. Unordnung schafft Knechtschaft“, sagt der Schriftsteller Charles Pierre Péguy. Auch der Ökonom und Soziologe Pierre-Joseph Proudhon setzt auf das gleiche Pferd: „Es gibt nur gegenseitige Freiheit und keine begrenzte Freiheit. Freiheit ist nicht die Tochter, sondern die Mutter der Ordnung.“ Bei Émile Chartier, Philosoph und Schriftsteller, hält das Paar die Waage im Gleichgewicht: „Freiheit ist ohne Ordnung nicht möglich und die Ordnung ohne Freiheit wertlos.“