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Georg Christoph Lichtenberg hat sich wirklich ausführlich mit der Ordnung und ihren verschiedenen Anwendungen auseinander gesetzt und dabei auf einer ganz besonderen Art seinen Gedanken freien Lauf gelassen. Die Technik seiner Gedankensammlung hat er – der Ordnung sei damit kein Kränzchen gewunden – gemäss eigener Aussage Engländern abgeguckt: „Die Kaufleute haben ihr Waste book (Sudelbuch, heisst das auf deutsch), darin tragen sie von Tag zu Tag alles ein, was sie verkaufen und kaufen, alles durch einander ohne Ordnung, aus diesem wird es in das Journal getragen, wo alles mehr systematisch steht … Dieses verdient von den Gelehrten nachgeahmt zu werden.“ Lichtenberg geht noch einen bedeutenden Schritt weiter. Mir schwant, als hätte ich einmal von ihm gelesen: „Der Ordnung eigentlicher Kern findet sich aber tiefer, nämlich bereits im einzelnen Wort.“ Lichtenberg kommentiert diese Bemerkung: „Um eine allgemeine Charakteristik zu Stande zu bringen, müssen wir erst von der Ordnung in der Sprache abstrahieren, die Ordnung ist eine gewisse Musik, die wir festgesetzt, und die in wenigen Fällen (z.E. femme sage, sage femme) einen sonderbaren Nutzen hat.“
„Bitte hör auf! Das ist nicht mehr auszuhalten. Das ist schlimmer als eine eiskalte Dusche. Das ist Folter. Ich ersaufe im Olivenmeer. Oder wie Gründer Schnaptepürä sagt: Ordnung macht das Leben schwer. Das was du sagst, tönt unwahrscheinlich gelehrt. Aber davon werde ich erschlagen. Du trittst als philosophierender Zitatendrechsler auf und die verbalen Späne, die davon fliegen, die erhalte ich ab. Mein Kopf ist schon ganz blau von ihnen. Sorg für Löschwasser, damit ich meinen Kopf kühlen kann.“
Wenn du Wein trinkst, dann wird dir davon ganz schwammig werden. Der Zitatenschatz wird sich zu einer ungeniessbaren Masse vermantschen. Halt es mit mir: Bewahr einen klaren Kopf.
„Mein Kopf ist bereits nur noch ein Schwamm. Als Berserker kommst du daher und wirfst mit Zitaten um dich, als befändest du dich auf einem Schlachtfeld. Und gleichzeitig sprichst du von klarem Kopf. Das Fass, das du mitführst, läuft über. Die Zitate kullern aus diesem in einer Vielzahl heraus, wie wenn Kübel haufenweise ausgeschüttet würden. Wären deine Zitate Oliven, ich hätte mir mit diesen längst den Mund verstopft, und ich müsste an ihnen ersticken. Ich hole noch was zu trinken.“
Lass uns mit Lichtenberg erst fertig werden. Dann stimme ich dir zu: Eine gute Flasche erleichtert den Zugang zu den Zitaten und ihren Harmonien. Denn diese sind nicht immer ohne Makel. Zwischentöne mischen all zu oft mit. Der Wein wird uns über die Misstöne hinweg helfen. Eines ist gewiss: Wie sehr man sich über die Ordnung auch den Kopf zerbricht, um den Weg zur vollendeten Ordnung zu finden, ein Rest von Unordnung wird bei aller Ordnung bestehen bleiben. Die Beschäftigung mit Lichtenberg stützt diesen Gedanken, denn was Ordnung präzise ist, das weiss bis heute niemand. „Um unserem Gedächtnisse etwas einzuverleiben suchen wir daher immer einen Sinn hineinzubringen oder eine andere Art von Ordnung.“